Amazon goes Cargobike – Ortstermin in Berlin

Bei Amazon Prime Now am Kudamm: Amazon-Sprecher Stephan Eichenseher mit Cargobike von InterKEP, Servicepartnern von GO! und Benjamin Georg (Urban-e und Little Big Cargo)Beim neuen Schnell-Lieferservice Prime Now in Berlin stellt Amazon 20 Prozent der Sendungen mit Cargobikes zu. Zeit für einen Ortstermin!

 

 

Der kep10 im Einsatz bei Amazon PrimeNow auf dem Münchener Marienplatz[Update 18. Juni 2018: Wegen Umbauten am gesamten Gebäudekomplex hat Amazon das Innenstadt-Depot am Berliner Kudamm aufgegeben und den Prime Now Lieferservice eingeschränkt (mehr dazu hier im Supermarktblog). In diesem Zusammenhang ist auch die Zustellung mit Cargobikes in Berlin beendet worden – zumindest vorläufig, heißt es bei Amazon. In München laufe die Prime Now-Zustellung mit Cargobikes dagegen weiter.] 

Amazon Prime Now bietet Zustellungen innerhalb einer Stunde oder in einem frei wählbaren zweistündigen Zeitfenster. Das gibt es bereits in Städten in den USA, in England, Japan und Italien. Im Mai ist Prime Now auch in Berlin gestartet. Die Amazon Pressemitteilung war mit einem Cargobike bebildert und kündigte an:

Pressefoto von Amazon Prime Now mit Cargobike in BerlinIn Berlin setzen Amazons Vertriebspartner neben Liefervans auch elektrisch angetriebene Lastenfahrräder ein, um die Bestellung zum Kunden zu bringen.

Eine Delegation aus Marokko ist für mich ein guter Anlass für einen Besuch bei Amazon Prime Now. Im Auftrag der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zeige ich der Delegation aus Bürgermeistern und Kommunalvertreter*innen innovative Lieferkonzepte mit eCargobikes in Berlin. Bereits beim kleinen Kreuzberger Start-up Velogista ist die Delegation begeistert. Jetzt also zum Weltkonzern Amazon an den Kudamm.

Dort hat Amazon Prime Now einen leerstehenden zweistöckigen Elektronikmarkt als Logistikfläche angemietet. Denn die Prime Now-Zustellung muss von einem Depot in der City aus erfolgen, anders wären Zustellungen innerhalb einer Stunde in der City nicht machbar. Von außen vom Kudamm her fällt die Adresse vor allem durch die Touristenausstellung „The Story of Berlin“ auf. Das Prime Now Depot liegt unauffällig im hinteren Teil des Gebäudes.

Inside Amazon Prime Now am Kudamm in BerlinAmazon-Sprecher Stephan Eichenseher aus München führt uns durch die Regalgänge. Es gibt Dosensuppe hier, Bierkästen und frisches Obst und Gemüse dort – ein komplettes Supermarktprogramm und noch viel mehr. Allerdings lagert hier nur ein ausgewählter kleiner Teil des gesamten Amazon-Sortiments. Wer über Prime Now shoppen will zahlt pro Jahr 50 Euro für die Mitgliedschaft. Die Lieferung innerhalb einer Stunde kostet dann 6,99 Euro, die Lieferung im frei wählbaren zweistündigen Zeitfenster ist kostenfrei.

Amazon-Sprecher Stephan Eichenseher erklärt den Cargobike-Einsatz Doch nun zum Wichtigsten: Am anderen Ende des Depots werden die Bestellungen zu Cargobike- oder Kfz-Routen gebündelt an die Servicepartner Go! und InterKEP übergeben. Anfängliches Ziel von Amazon waren 20 Prozent Zustellungen per Cargobike. Dieses Ziel ist laut Stephan Eichenseher erreicht worden, eine weitere Steigerung ist erwünscht. Die Zustellung per Cargobike sei für Amazon zumindest nicht teurer als mit klassischen Kraftfahrzeugen. Der Image-Gewinn beim Kunden sei jedoch sehr hoch.

Der neue Kep10 von Urban-e im Einsatz bei AmazonZum Einsatz kommen schnelle einspurige Modelle mit E-Antrieb – vorwiegend Bullitts. Beim  Go!-Subunternehmer sind auch zwei Rapids der Radkutsche im Einsatz. Und im InterKEP-Fuhrpark gibt es eine interessante Neuheit: Den KEP10 von Urban-e. Er basiert auf dem französischen Douze und hat einen Binova Flow-Antrieb.

InterKEP-Fahrer verlädt Amazon-BestellungenDie marokkanische Delegation hat solche Räder noch nie gesehen und will alles sehr genau wissen. Ein InterKEP-Fahrer, der gerade ein Bullit belädt wird auch nach seinem Lohn gefragt. Er ist fest angestellt, zur Lohnhöhe will er jedoch nichts sagen. In der Berliner Kurierszene hört man ansonsten erstaunlich Positives. Die Festanstellungen bei InterKEP und dem Subunternehmer von GO! seien für viele Kuriere ein Fortschritt. Sonst sind Fahrradkuriere in Deutschland meist als selbstständige Subunternehmer beschäftigt. Auch der Lohn sei vergleichsweise gut.

Das soll natürlich nicht über den andauernden Tarifkonflikt von Amazon mit Verdi auf Bundesebene hinwegtäuschen. Zudem sind die verkehrlich-städtebaulichen Auswirkungen des zunehmenden Online-Handels insgesamt noch unklar bzw. werden aktuell untersucht. Das mit dem deutschen Fahrradpreis ausgezeichnete Projekt Kiezkaufhaus bietet in Wiesbaden einen Gegenentwurf zu Amazon an: Der lokale Einzelhandel solll gegen die große Konkurrenz durch einen gemeinsamen Online-Shop und Same Day Delivery per eCargobike gestärkt werden.

GIZ-Delegation aus Marokko zu Besuch bei Amazon Prime Now in Berlin

 

 

 

 

 

 

Und dennoch: Mit dem gezielten Einsatz von eCargobikes in Berlin erkennt der Weltkonzern Amazon die Zeichen der Zeit. Daran können sich andere Unternehmen ein Beispiel nehmen. Denn Klimaschutz, Luftreinhaltung und attraktiver Stadtraum sind nicht kompatibel mit einem weiter wachsenden Kfz-Lieferverkehr. Und wer frühzeitig auf Cargobikes setzt wird der Konkurrenz schon davonfahren bevor die ersten Fahrverbote kommen.

In Marrakesch in Marokko findet im November übrigens der nächste Weltklimagipfel COP22 statt. Die Delegation will die eCargobikes bei Amazon am liebsten gleich mitnehmen. Und auch der Amazon-Logistikblog berichtet über den Besuch.


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