Endlich: Bundestag fordert freie Rikscha-Fahrt für alle!

Schneller Rikscha-Service per App in London.
Foto: PedalMe

Eine absurde Einschränkung des Radverkehrs soll fallen: Der Bundestag fordert die Altersfreigabe für den Personentransport auf Fahrrädern.

Bisher dürfen nach (umstrittener) Auffassung der Bundesregierung nur Kinder bis zum 7. Geburtstag auf Fahrrädern mitgenommen werden. Die Mitnahme zum Beispiel von gehbehinderten Angehörigen auf Rikschas ist demnach nicht erlaubt. Fahrradtaxi-Unternehmen haben meist eine kommunale Ausnahmegenehmigung.

Zuletzt haben unter anderem der ADFC und der Radlogistik Verband Deutschland (RLVD) eine Änderung im Rahmen der aktuellen StVO-Reform gefordert.

Im Bundestag haben im Dezember die Regierungsfraktionen CDU/CSU und SPD einen gemeinsamen fahrradpolitischen Antrag Sicherer Radverkehr für Vision Zero im Straßenverkehr vorgelegt. Darin erheben sie 16 Forderungen an die Bundesregierung. Die neunte davon lautet:

eine Regelung in die StVO aufzunehmen, durch die auf Fahrrädern, die baulich für eine Personenmitnahme geeignet sind, entsprechend den Transportkapazitäten nicht mehr nur Kinder bis sieben Jahre, sondern Personen jeglichen Alters befördert werden dürfen

Der Fahrradexperte der CDU im Bundestag, Gero Storjohann, hat im September auf der Fahrradmesse EUROBIKE bereits probegesessen. Bild: ZIV

Am 17. Januar 2020 nahm der Bundestag nach einstündiger fahrradpolitischer Debatte den Antrag der Regierungsfraktionen gegen die Stimmen der Oppositionsparteien an. Ein weitergehender fahrradpolitischer Antrage der Grünen wurde nur von der Linken unterstützt. Ein Antrag der FDP erhielt Unterstützung der AFD.

Die Umsetzung des beschlossenen Antrags liegt nun an der Bundesregierung. Die Altersfreigabe beim Personentransport könnten jedoch auch die Bundesländer bereits im Februar im Bundesrat im Rahmen der aktuellen StVO-Reform beschließen.

Cargobikes in der Bundestagsdebatte

Der Abstimmung im Bundestag ging eine einstündige fahrradpolitische Debatte voran. Darin wetterte der verkehrspolitische Sprecher der AFD und ehemalige Daimler-Mitarbeiter Dirk Spaniel gegen die „Bevorteilung des Fahrradverkehrs auf Kosten der Autofahrer“ und  den Kindertransport auf Cargobikes. Blogger-Kollege Daniel Doerk von It started with a fight kommentierte auf Twitter:

Achtung, es folgt der schwachsinnigste Redebeitrag der Woche im Deutschen Bundestag: „Nüchtern betrachtet sind Fahrräder in hohem Maße unpraktisch und gefährlich.“

Die verkehrspolitsche Sprecherin der SPD-Fraktion Kirsten Lühmann ging anschließend ausführlich auf Cargobikes ein:

Kennen Sie ein Babboe, oder haben Sie schon mal auf einer Libelle gesessen oder auf Dolly? Haben Sie schon mal ein Woody erlebt? Das alles sind Lastenfahrräder zum Transport von Kindern.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Schlimm genug!)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Damals, als unsere Töchter klein waren, hatten wir so etwas noch nicht. Wir hatten Anhänger; darin hatten wir sie transportiert, aber die waren lange nicht so komfortabel wie diese Fahrzeuge. Daher war es richtig, dass wir festgelegt haben: In Fahrradanhängern dürfen maximal zwei Kinder bis zum Alter von sieben Jahren transportiert werden.

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Aber, liebe Kollegen und Kolleginnen, die Technik ist weitergegangen; die Wirtschaft auch. Daher gibt es jetzt Fahrzeuge, die durchaus geeignet sind, die durchaus so sicher sind, um damit erstens mehr als zwei Kinder und zweitens auch Kinder im Alter von über sieben Jahren transportieren zu können. Darum ist es richtig und gut, dass wir in unserem Antrag dazu auffordern, uns mit unserem Regelwerk endlich an die Technik anzupassen. Ich kann es Ihnen aus Erfahrung sagen: Es ist nicht die Boheme aus Berlin, sondern es sind die Mütter und Väter aus Hermannsburg, die solche Fahrzeuge nutzen und die sich für eine Klarstellung bedanken würden.

[…] Aber wir müssen auch Neues wagen, zum Beispiel Lastenräder, mit denen Pakete ausgefahren werden. Wir haben das in Hamburg gesehen. Leider ist es schwierig, das in anderen Städten durchzusetzen, wegen der Argu-mentation – ich habe es bei mir im Wahlkreis erlebt –: Wir müssten ja zwei Autoparkplätze dafür hergeben.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Das sind zwei Wählerstimmen!)

Liebe Kollegen und Kolleginnen, zwei Autoparkplätze dafür, dass Lieferverkehr in der Innenstadt wegfallen würde, ist, glaube ich, eine vernünftige Regelung.

Die gesamte einstündige fahrradpolitische Debatte im Bundestag und alle Anträge sind hier auf der Seite des Bundestages dokumentiert.



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