ADAC lässt es krachen: Gewaltvideo gegen Lastenradler:innen

Quelle: ©ADAC/Uwe Rattay

Der ADAC hat Autos in Lastenräder krachen lassen und dazu ein mit Action-Musik unterlegtes Gewaltvideo veröffentlicht. Auf Twitter gab es massive Kritik.

Sicherheit von Lastenrädern und insbesondere sicherer Kindertransport sind ein wichtiges Thema. cargobike.jetzt bietet dazu eine Infoseite, hat die neue Broschüre der Bundesanstalt für Straßenwesen zu Kinderbeförderung auf Lastenrädern besprochen und sitzt in der europäischen Arbeitsgruppe, die eine EN Norm mit Sicherheitsstandards für Cargobikes entwickelt.

Empirische Hinweise auf eine erhöhte Gefährdung von Kinder durch Unfälle mit Lastenrädern gibt es nicht. Das Gegenteil scheint der Fall: Lastenräder werden im Verkehr besser wahrgenommen und respektiert als klassische Fahrräder, tiefe Sitzposition und Box schützen Kinder bei einem Sturz.

Ein immer wieder angeführter Unfalltod von vier Kindern 2018 in den Niederlanden hat nichts mit einem Lastenrad zu tun. Das Unfallfahrzeug war hier ein vollelektrischer Stehroller. Im Gegensatz zu tagesschau.de und anderen Medien hat Spiegel Online seine Falschmeldung dazu nachträglich korrigiert.

Gezielte Angstmacherei

Sicherheit von Kindern ist immer auch ein beliebtes Feld für gezielte Angstmacherei. Denn mit Angst um Kinder lässt sich wunderbar Quote und Politik machen. Und wenn es keine empirischen Hinweise auf eine besondere Gefährdung gibt dann wird diese auch mal mit entsprechenden Gewaltbildern inszeniert und dramatisiert.

Ein besonders perfides Beispiel liefert der ADAC mit einem am 22. Juli auf Twitter verbreiteten Video:

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Die vermeintliche Sorge um die Sicherheit von Kindern auf Lastenrädern wird in diesem ADAC-Video optisch und akustisch zur motorisierten Gewaltorgie gegen Lastenradler:innen. Zur Drohung an Eltern. Und zum Soundtrack für einen Lastenrad-Hass, wie ihn zuletzt WELT-Kolumnist Don Alphonso in seinem Text „Warum E-Lastenräder zu Recht so verhasst sind“ gepredigt hat.

ADAC muss Gewaltvideo zurückziehen!

Im eigenen Interesse und im Dienste der Verkehrssicherheit sollte der ADAC sein Gewaltvideo schleunigst löschen! Ansonsten macht sich der ADAC mitschuldig, falls ein durchgeknallter Lastenrad-Hasser sich das Video zukünftig zum Vorbild nehmen sollte.

Leider haben viele Medien (auch Fahrradmedien) den ADAC-Test unkritisch besprochen und das Gewaltvideo ignoriert. Tatsächlich kann ein Crashtest mit Lastenrädern ja auch sinnvolle Erkenntnisse über Schwachstellen von Lastenrädern bringen. Das gilt teilweise auch für den schriftlichen Testbericht des ADAC. Doch das begleitende Gewaltvideo lässt nur folgende Erkenntnis zu:

  • Autos sind auch bei Tempo 30 eine konstante Gefährdung für den Rad- und Fußverkehr.
  • Seriöse Fahrradtests sind von der Autolobby nicht zu erwarten.
  • Wer noch Mitglied im ADAC ist – jetzt ist endgültig der Zeitpunkt zum Austritt!

Auf Twitter wurde das ADAC-Video intensiv und mit bitterer Ironie kommentiert. Eine Auswahl von Kommentaren gibt es unten. Ob auch außerhalb der Twitter-Bubble noch eine kritische Rezeption des ADAC-Tests folgt? Sicherer Kindertransport ist zu wichtig, um seine Definition der Autolobby zu überlassen!


PS: Am 2. September gibt es auf der Eurobike, der internationalen Leitmesse der Fahrradbranche Panels zu Sicherheit von Cargobikes und zum Kindertransport auf Cargobikes. Hier geht’s zu Programm & Anmeldung.


Reaktionen zum ADAC-Gewaltvideo auf Twitter

Sieht ja aus wie eine Instruktion wie Autofahrer am besten Kinder töten können. Total verrückt. Schämen Sie sich.

@JosSluijsmans

Wie sagt man „victim blaming“ auf Deutsch?

@London_Cycling

Und jetzt, lieber ADAC, testet ihr das nochmal realitätsgetreuer mit SUVs und stellt fest, dass Autos mit 50 km/h für andere Verkehrsteilnehmer in Städten immer gefährlicher werden. Und dann zieht ihr eure Schlüsse daraus. Wir sind gespannt.

@nextbike

es ist das „aber sie war halt so aufreizend angezogen“ des straßenverkehrs. denke von vor über 50 jahren. @ADAC, ihr könnt weg

@klarnamemyass

Nun lieber #ADAC, was am sichersten ist? Sichere Infrastruktur und gut ausgebildete Autofahrer Schaue doch mal nach NL. Da gehören Lastenräder ganz selbstverständlich zum alltäglichen Verkehrsbild Was noch? Ein Automobil-Club, der seine Mitglieder an deren Pflichten erinnert

@MatthiasR09

Kinder auf dem Fahrrad zu transportieren, wird erst durch Autoverkehr unsicher. Gut, dass ihr das so ungeschönt zeigt!

@designmobility

Am sichersten wäre es, wenn das Auto da nicht in einen Radfahrer mit Kindern rein rasen würde. Wenn man Autos in Innenstädten ohne solche Lebensgefahr für Kinder bewegen kann, müssen Autos eben raus aus der Innenstadt.

@ropietsch

*Notiz an mich selbst* Wenn das Lastenrad endlich da ist und Auto weg, Mitgliedschaft beim @ADAC kündigen. Mit sowas begründen Leute, dass SUVs nötig sind um nicht von noch fetteren Karren umgenietet zu werden. Irre.

@SimK172

Jesus christ, da wäre eine Trigger Warnung angemessen gewesen. Schon zu viele Fahrradtoten erlebt. Fahrradinfrastruktur aufbauen, Autos nur in Geschichtsbücher. Das hilft! #endcars

@petermeeuwsen

So tötet ihr die neuen hippen grünen Radfahrer, die ständig im Weg sind.
Euer ADAC
PS: Mit Tempo 50 sind sie sicher tot.
#FeuerDenScheuer
#Verkehrswende
#Tempo30

@Weggespamt

So ein Unfall DARF sich nicht ereignen. PUNKT. Und so einen Unfall verhindert man durch angepasste Fahrweise und NIEDRIGES Tempo. Beschämend, dass der ADAC hier in Zeitlupe die doofen Radfahrer (Opfer) wegmähen lässt und so tut als seien sie das Problem. #AutosRaus !

@Kulf

#Täterkult im Quadrat.

@Cycloberader

Warum machen Autofahrer sowas? Als Automobilclub solltet ihr euch für bessere Fahrausbildung einsetzen. Das fällt doch sonst auf alle Autofahrer, auch eure Mitglieder, zurück.

@tesserakt

Die Waffenlobby hat durch Beschusstests zeigen können, dass Menschliche Körper erhebliche Sicherheitsmängel aufweisen.

@rheto

Welche Frisur ist am sichersten wenn jemand dich verprügelt?

@claas_hannes

Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung des Projektes CityChangerCargoBike. Das Projekt wurde mit Mitteln aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Fördervereinbarung Nr. 769086 finanziert.


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