Auf Goethes Spuren: Mit Hund, Lastenrad und Bahn den Elberadweg entlang

Mit Hund, Lastenrad und Bahn den Elberadwegweg entlang

cargobike.jetzt-Mitarbeiterin Eileen bewegt nicht nur die Verkehrswende sondern auch ihren Hund Goethe. Auf Reisen kann das mitunter herausfordernd sein, besonders wenn man Lastenrad und Bahn kombinieren möchte. Ihr Erfahrungsbericht über den Elberadweg von Bremen nach Wittenberge.

2020 haben wir unseren Senior-Hund Goethe adoptiert. Er ist mittlerweile ca. zehn Jahre alt und ziemlich groß: 30 Kilo bringt er auf die Waage. Da wir kein Auto besitzen möchten, haben wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Lastenrad gemacht. Vorab habe ich mir folgende Fragen gestellt: Worauf muss ich beim Hundetransport im Lastenrad achten? Welche Lastenräder eignen sich besonders? Wie gewöhne ich meinen Hund an das Lastenrad-Fahren? 

Fahrradanhänger oder Lastenrad? 

Erst einmal stellte sich die Frage: Möchte ich einen Fahrradanhänger oder ein Lastenrad? Preislich liegt der Anhänger weit vorn, auch weil hier der Gebrauchtmarkt viel größer ist. Wir haben uns vor dem Lastenrad auch einen gebrauchten Fahrradanhänger für unseren Hund angeschafft. Den Anhänger mochte er aber leider gar nicht und hat mit seiner Pfote gleich ein Loch in das Netz gekratzt. Er wirkte sehr ängstlich und unzufrieden. Ich habe aber schon viele Hunde in Anhängern mitfahren sehen, die sehr entspannt aussahen. Es gibt mittlerweile auch immer mehr Hundeanhänger-Modelle von namhaften Herstellern, die sehr durchdacht sind. Grundsätzlich ist das eine tolle Lösung. Im Anhänger sind sie gut geschützt, können nicht rausspringen und das Einsteigen ist einfach. Es gibt aber eben auch Hunde, die das Hinterherfahren von ihrem Besitzer oder ihrer Besitzerin nicht leiden können, da sie das Gefühl haben, man fahre ohne sie weg. Hier empfiehlt sich: einfach ausprobieren.

Zweirädrig oder Dreirädrig?

Für uns galt also: doch ein Lastenrad. Aber worauf sollten wir beim Transport achten? Grundsätzlich gibt es zwei Arten von gängigen Lastenrad-Modellen, die zweirädrigen (Long John) und die dreirädrigen (Trike). Lastenräder mit drei Rädern sind bei vielen Modellen (ohne Neigetechnik) aufgrund der Stabilität des Rades von Vorteil: der Hund kann sich bewegen, ohne dass das Rad sich mitbewegt. Außerdem wackelt beim Warten an der Ampel nichts. Auch Größe und Tiefe der Box können einen deutlichen Unterschied beim Komfort machen: Einige Boxen sind so tief, dass der Hund gar nicht einfach so rausspringen kann. 

Das Fahrgefühl von dreirädrigen Lastenrädern gefällt mir persönlich allerdings nicht so gut – das ist Geschmackssache –, daher wollte ich ein Long John. Doch welches ist das richtige für einen großen Hund? Wir machten uns auf in ein paar Berliner Fahrradläden, die auch Lastenräder anbieten und nahmen Goethe mit. Oft konnten wir dann aber gar nicht testen, da die Box vor Ort nicht für den Hundetransport geeignet war. Wir hatten das Gefühl, dass die Händler:innen den Hund aus Sorge um das Ausstellungsstück nicht so gern in der Box haben wollten. Daher empfehle ich: Nehmt eine Decke mit und fragt ganz freundlich, dann lässt sich auch testfahren! 

Bei unserer Cargobike Roadshow dürfen auch Hunde einsteigen. Immer mehr Besucher:innen kommen mittlerweile zur Roadshow, weil sie ein Lastenrad für den Hundetransport suchen. Um in die Auswahl eines geeigneten Lastenrads zu starten, kann man hier Boxgrößen, Einstiegshöhen, Lenkung, Fahrverhalten vergleichen und – zumindest schon einmal – im Stand testen, wie der Hund reagiert. Und wenn es passt, auch gemeinsam testfahren. Da auch Hunde gute und schlechte Tage haben oder aufgeregt sind, ersetzt ein einmaliges Testen kein Heranführen oder Eingewöhnen, aber es hilft, Fahrer:in und Hund die Bedürfnisse und vorhandenen Möglichkeiten besser kennenzulernen – vor allem auch durch die Beratung vor Ort. Mittlerweile gibt es nämlich eine Vielzahl von Herstellern, die explizit Hundemodelle anbieten. Und Decken und Fusselrollen haben wir übrigens immer dabei!

Testen bei der Cargobike Roadshow 2023 / Rosenheim

Doch zurück zu unseren Testfahrten in Berliner Fahrradläden. Schnell war uns klar, wir brauchen ein Regenverdeck für die Box, damit der Hund nicht rausspringen kann oder auch nur den Versuch startet. Beim Long John sind die Boxen meist niedrig, so dass ein großer Hund alleine rauskommt. Das wäre bei unserem Hund ein Problem. Den Hund „nur“ anzuleinen, finde ich persönlich etwas gefährlich, da er ja durch seine Bewegungen bei Versuchen rauszuspringen, ziemlich viel Kraft aufwenden kann. Für das Anleinen des Hundes ist es sinnvoll ein Geschirr zu nutzen, das zwei, besser drei Befestigungspunkte zur Verfügung hat. Ob ein Verdeck für Besitzer:in und Hund notwendig ist, kommt aber auf die individuelle Situation an. Ich habe schon Hunde in Lastenrädern ohne Verdeck gesehen, die sehr entspannt und happy mitfahren – teilweise sogar zwei große Hunde nebeneinander. Bei einer Überdachung z.B. mit einem Regenschutz machte Goethe auf jeden Fall keinerlei Versuche, aus der Box zu hüpfen. Und für die bessere Luftzufuhr kann man den Regenschutz auch öffnen. Bei hohen Temperaturen oder starker Sonne ist die Luft unter einem Regenverdeck allerdings nicht ideal. Deswegen schauten wir anfangs vor allem nach sehr großen Boxen, auch damit unser Hund sich bei der Fahrt hinlegen kann.

Mit Hund, Lastenrad und Bahn den Elberadwegweg entlang

Am Ende haben wir uns für ein gebrauchtes Lastenrad (Modell wird nicht mehr produziert) entschieden, da dort im Grunde alles dabei war, was wir wollten: Große stabile Box aus Holz (nicht so empfindlich gegenüber Krallen), Regenschutz und ohne E-Antrieb. Das war für uns eine Kostenfrage und wir glaubten, dass wir den E-Antrieb nicht brauchen. Das war allerdings aus heutiger Sicht eine klare Fehleinschätzung! Das Fahrrad selbst ist schwer und der Hund auch. So bewegen wir uns eher schwerfällig – aber, wie auch mit Kindern in der Box, zählt bei der Fahrt mit wertvollem Gut nicht die Geschwindigkeit. Ein weiteres Manko am Fahrrad ist leider die fehlende Einstiegsbox. Ein Manko, denn es wäre schöner für das Selbstbewusstsein des Hundes, selbst ein- und aussteigen zu können. Und für unseren Rücken sowieso. Das wäre für uns aus heutiger Sicht ein Must-have für unseren Senior. Extra für Hunde angefertigte Boxen verfügen über diesen praktischen Einstieg. 

Da wir Goethe vor unserer Reise an das Lastenrad gewöhnen wollten, haben wir uns ein paar Mal eines von Freund:innen geliehen oder über lokale Sharing-Anbieter. So konnten wir ihn langsam an das Lastenrad gewöhnen. Zu Anfang wurde erst einmal nur geschoben und anschließend kurze Strecken zurückgelegt. So empfehlen es auch viele Ratgeber. Denn so eine Lastenradfahrt ist für die Vierbeiner ganz schön aufregend! 

Mit Hund, Lastenrad und Bahn den Elberadwegweg entlang

Auf geht’s: Lastenrad und Hund in der Bahn

Wir haben unser Lastenrad in Bremen gekauft. Daher sollte unsere erste gemeinsame Tour mit Goethe den Elberadweg von Hamburg-Harburg nach Wittenberge entlanggehen. Was für ein Abenteuer! Denn das wurde nicht nur der erste lange Trip mit unserem Hund im Lastenrad, sondern auch – die nächste Herausforderung – der erste mit dem Lastenrad in der Bahn! Zu diesem Thema haben wir uns auf cargobike.jetzt („Lastenrad und Bahn: offizielle Regelungen“) informiert. Herausfordernd sind aber nicht nur die offiziellen Regelungen und Beschränkungen, sondern vor allem auch die Situation an den Bahnhöfen vor Ort – Stichwort Barrierefreiheit. Vorab herauszufinden, welche Maße die Fahrstühle an den DB-Bahnhöfen haben, ist nahezu unmöglich. Also auf gut Glück ausprobieren? Ein Lastenrad ist mitunter schwer und sperrig, und Treppen rauf- und runtertragen ist schwierig bis unmöglich. Tatsächlich passte das Lastenrad auf der Reise einmal nicht in den Fahrstuhl. Aber wir wussten uns zu helfen: das eine Fahrrad oben am Gleis schnell abgeschlossen, das Lastenrad zu zweit runtergetragen. Dasselbe dann wieder umgekehrt, um zum Abfahrtsgleis zu kommen. Es hat alles geklappt, puh. Außerdem sind uns auf der Reise auch Treppen begegnet oder wir mussten das Fahrrad im Wald hochschieben. Das waren Herausforderungen, die wir aber zu zweit meistern konnten. 

Wir fuhren also mit dem Zug nach Bremen, im Gepäck ein Fahrrad, drei Fahrradtaschen und einen Hund mit Maulkorb, weil es in den öffentlichen Verkehrsmitteln Pflicht ist, wenn der Hund nicht in eine Box oder Tasche passt.

Und nach der Abholung des Rades ging es auch direkt los und zwar zum Bremer Hauptbahnhof. Für Goethe war es die erste lange Fahrt im Lastenrad. Und er hat es gut gemacht. Die wenigen Male, die er aufstand, wackelte es ganz schön, aber er blieb grundsätzlich ruhig. Vor allem das Verdeck hat da sehr geholfen. Wir haben ihm sehr viele Leckerlis gegeben, damit er ein gutes Gefühl mit dem Lastenrad verbindet. 

Von Bremen fuhren wir mit dem metronom, einem nicht-bundeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen, das Niedersachsen, Hamburg und Bremen verbindet. Dort sind Lastenräder jeder Größe im Zug erlaubt, denn es heißt: „Fahrrad ist Fahrrad“ (so das Zitat des netten Schaffners). Also alles problemlos. In Hamburg-Harburg ausgestiegen, ging die offizielle Reise dann endlich los.

Mit Hund, Lastenrad und Bahn den Elberadwegweg entlang

Moin Moin, wunderschöner Elberadweg!

Erste Station: Lauenburg (ca. 50 Kilometer)! Was soll ich sagen? Traumhafter Radweg, durchgängig Nieselregen, aber dafür waren die Wege nahezu leer. Um auf die andere Elbseite zu kommen, haben wir zudem die Fähre genutzt. Keine Probleme wegen des Lastenrads. 

Mit dem Lastenradfahren haben wir uns regelmäßig abgewechselt, denn – nun ja – ohne E-Antrieb war es doch recht anstrengend bei einer Zuladung von 30 Kilogramm und es geht am Elberadweg auch gern mal etwas bergauf. Das Hohe Elbufer zwischen Geesthacht und Lauenburg überrascht mit einigen Steigungen, dafür bieten die bewaldeten Elbhänge von oben einen herrlichen Panorama-Blick auf den Fluss. Und die alte Schifferstadt Lauenburg inmitten etlicher Naturschutzgebiete ist definitiv eine Reise wert – die kleine Wanderung hinauf zum Schloss lohnt sich nicht nur wegen des Ausblicks. Nach einer Nacht in der Elbstadt in einem Häuschen mit Garage, wo wir die Fahrräder sicher abstellen konnten, ging es tags darauf zur nächsten Station: Dömitz (ca. 70 Kilometer). Der Radweg ist super ausgebaut und ausgeschildert. Es gibt abwechslungsreiche Landschaften, es überzeugt die naturbelassene Form der Elbe, die Wälder und man kann viele Tiere wie Störche, Seeadler oder Schafe entdecken. Es nieselte zwar weiterhin, aber das hat uns nicht gestört. Und Goethe wurde mit jedem Kilometer entspannter. Einen Trick, den wir empfehlen können: den Hund ab und zu ein wenig neben den Rädern herrennen zu lassen (immer abhängig von der Ausdauer, dem Alter und der gesundheitlichen Situation des Hundes), sodass er müde wird und sich dann anschließend im Lastenrad entspannen kann. So hat Goethe sich manchmal sogar hingelegt. Außerdem haben wir viele Pausen eingelegt. Nicht nur für den Hund, auch für unsere müden Beine. In Dömitz übernachteten wir bei Gastgeber:innen mit Garten, wo wir die Räder wieder geschützt abstellen konnten und fuhren von dort weiter bis nach Wittenberge (ca. 40 Kilometer) – das sollte nach 160 Lastenrad-Kilometern unser Ziel sein.

Mit Hund, Lastenrad und Bahn den Elberadwegweg entlang

Unsere Learnings: Lastenrad und Hund

  • Bei höherem Gewicht und Größe: besser mit E-Antrieb.
  • Eine Box mit Einstiegsklappe ist angenehmer für Mensch und Hund.
  • Entweder eine tiefe Box, aus der der Hund nicht rausspringen kann und/oder ein Regenverdeck zum Schutz.
  • Viele Pausen einlegen, während derer sich der Hund austoben kann und danach wieder zufrieden im Lastenrad entspannen kann.
  • Bei der Eingewöhnung mit Hilfe von Leckerlis positive Gefühle zum Lastenrad schaffen. 

Fazit insgesamt: Das Lastenrad eignet sich hervorragend zum Hundetransport! Gerade bei größeren und älteren Hunden und langen Strecken.

Unsere Learnings: Lastenrad und Bahn

  • Barrierefreiheit an den Bahnhöfen ist eine Herausforderung. Zu zweit kann man sich aber gut aushelfen. 
  • Am besten das Fahren in Stoßzeiten vermeiden. Wenn die Züge nicht so voll sind, passt ein Lastenrad super hinein. Generell gilt aber vor allem anderen: Bei den Verkehrsverbünden über die aktuellen Regelungen zum Lastenrad-Transport schlau machen.
  • Alles in allem: Mit Satteltaschen und wertvollem Transportgut im Lastenrad reist es sich doch hervorragend in Deutschland.

6 Tipps: Lastenrad und Hund

  1. Auswahl des bevorzugten Modells: zweirädrig oder dreirädrig. Mittlerweile gibt es für beide Modelltypen Hundeboxen mit Einstiegsklappe, ausreichender Größe und Sicherung vor dem Rausspringen des Hundes. Wichtig ist, dass das Lastenrad über eine stabile und sichere Transportbox verfügt, in dem der Hund bequem sitzen oder liegen kann. Grundsätzlich bieten Dreirädrige (ohne Neigetechnik) eine höhere Stabilität. 
  2. Eingewöhnung des Hundes ans Lastenrad: Der Hund sollte das Lastenrad kennenlernen, indem er langsam daran gewöhnt wird. Eigenes Ein- und Aussteigen sind ideal. Belohnungen mit Leckerlis und positiver Verstärkung helfen, um eine positive Assoziation mit dem Lastenrad herzustellen.
  3. Sicherung des Hundes im Lastenrad: Es gibt spezielle Hundegeschirre, welche am Lastenrad befestigt werden können oder aber Sicherheitsgurte, um den Hund vorm Herausspringen zu schützen. Ein Regenverdeck oder Abdeckung helfen ebenfalls, den Hund vor plötzlichem Rausspringen zu schützen.
  4. Komfort für den Hund: Am besten eine Decke oder Kissen in die Transportbox legen, um dem Hund eine gemütliche Unterlage zu bieten. Eine Abdeckung schützt auch vor Wind, Regen und Sonne. Allerdings kann es unter einem Regenverdeck sehr warm werden. Daher auf ausreichende Belüftung achten.
  5. Vorsichtig fahren: Mit Hund in der Box verhält es sich wie mit Kindern: Schnelligkeit ist nicht das Ziel. Scharfe Kurven, abruptes Bremsen oder Beschleunigen vermeiden. 
  6. Pausen einlegen: Regelmäßige Pausen vor allem bei einer längeren Fahrt sind ein Muss, damit der Hund sich strecken, Wasser trinken und seine Bedürfnisse erledigen kann. Wenn der Hund ausreichend Abwechslung hat und gut ausgelastet ist, ist er im Lastenrad wesentlich entspannter. 

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