Konstruktive Opposition: CDU-Hamburg will mehr Lastenrad-Parkplätze

Bild: BMDV

Der rot-grüne Hamburger Senat kündigt den Ausbau von Lastenrad-Stellflächen an. Die CDU-Hamburg kritisiert: Thema bisher vernachlässigt.

Noch im Bundestagswahlkampf hat die CDU-Parteiführung die Förderung von Lastenrädern als grüne Klientelpolitik kritisiert. Aus Hamburg kommen jetzt erfreuliche neue Töne. „Hamburger CDU fordert mehr Abstellflächen für Lastenräder“ lautet eine dpa-Schlagzeile, die am 2. Februar 2022 auch bundesweit die Runde machte. Was ist passiert?

Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion Dr. Anke Frieling und ihr Fraktionskollege Richard Seelmaecker haben eine schriftliche Kleine Anfrage an den rot-grünen Senat gestellt. Sie berufen sich auf die von cargobike.jetzt zusammen mit Partnern für den Senat erstellte Studie „Infrastrukturbedarf von Lastenrädern insbesondere für deren Einsatz in der Letzte-Meile-Logistik“. Vom Senat wollen die beiden CDU-Abgeordneten wissen, wie er ausreichend Parkmöglichkeiten für die schnell steigende Anzahl privater Lastenräder schaffen will.

Senatspläne zum Lastenrad-Parken

Der Senat hat am 28. Januar 2022 geantwortet. Es seien „Fahrradparkkonzepte für einzelne Quartiere“ und „bis zu 10.000 zusätzliche Fahrradplätze“ in innerstädtischen Quartieren geplant. Dabei werde auch „die Entwicklung einer spezifischen Fahrradkleingarage für Lastenräder geprüft.“ Außerdem

beabsichtigt der Senat bei Verkehrsplanungen insbesondere in Geschäftslagen Abstellflächen für Lastenräder verstärkt zu berücksichtigen. Um Raum für das Abstellen von Lastenrädern zu schaffen, wird die Umnutzung von Kfz-Parkständen bei Neu- und Umbaumaßnahmen im Straßenraum zugunsten von Fahrradabstellplätzen geprüft und, wo möglich, auch umgesetzt. […]

Auch im Zuge der Umsetzung und Fortschreibung des Bike-and-ride-Entwicklungskonzepts sollen Abstellplätze für Lastenräder künftig eine größere Rolle spielen. Im Fahrradparkhaus an der Kellinghusenstraße wurden erstmals explizit für Lastenräder reservierte Abstellplätze eingerichtet.

Antwort des Hamburger Senats vom 28.01.22 auf schriftliche Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anke Frieling und Richard Seelmaecker (CDU) vom 20.01.22.

Neben 17 Stellplätzen im erwähnten Fahrradparkhaus Kellinghusenstraße listet der Senat 19 weitere Lastenrad-Stellflächen in den Bezirken Hamburg-Mitte, Eimsbüttel und Hamburg-Nord auf. Im Bezirk Altona werde die Anzahl expliziter Lastenrad-Stellflächen nicht erfasst. Eine kurze Google-Suche ergibt, dass es seit März 2020 die ersten Lastenrad-Stellflächen in Altona gibt.

Schließlich kündigt der Senat an:

Bei laufenden und zukünftigen Straßenplanungen sollen Stellplätze für Lastenräder als Standardelement auf Basis eines Regelplans bedarfsgerecht realisiert werden.

Einen solchen Regelplan Lastenrad-Parken hatte als erstes Bundesland der Berliner Senat im November 2019 eingeführt. Seitdem können die Berliner Bezirke mit Hilfe einer einheitlichen Planungsgrundlage je nach lokalem Bedarf Lastenrad-Stellflächen errichten.

Eine von mehreren Optionen für Lastenrad-Parkplätze am Fahrbahnrand aus dem Berliner Regelplan Lastenrad-Parken. Grafik: SenUMVK

CDU-Hamburg: konstruktive Lastenrad-Opposition

Doch zurück zur CDU-Hamburg! Deren Abgeordnete Anke Frieling kritisiert gegenüber der Hamburger Morgenpost die bisher nur 19 neu geschaffenen Lastenrad-Stellplätze (tatsächlich sind es etwas mehr, siehe oben) als zu wenig:

„Die Hansestadt Hamburg hat in den vergangenen Jahren zwar intensiv den Kauf von Lastenrädern gefördert, um Abstellmöglichkeiten hat sich keiner gekümmert.“

Hamburger Morgenpost, 3. Februar 2022: Hamburger CDU fordert mehr Abstellflächen – für Lastenräder!

In einem Statement auf der Webpage der CDU-Abgeordneten heißt es weiterhin:

Kein Wunder, dass sich Hilferufe aus Stadtteilen wie Ottensen oder Eimsbüttel mehren und sich die Beschwerden wegen behindernd und auch gefährdend abgestellter Lastenräder häufen. Aus einigen Stadtteilzentren kamen schon Vorschläge für Stellflächen – die wurden einfach abgeschmettert. Der Senat muss mit den Bezirken dringend solche Abstellflächen schaffen und ausweisen […].

Statement Dr. Anke Frieling: „Lastenrad-Boom sorgt für Stellflächenmangel“, 4. Februar 2022

So geht konstruktive Lastenrad-Opposition: Statt gegen eine vermeintliche Ökobourgoisie zu wettern und nach Parkverboten zu rufen fordert die CDU-Hamburg vom rot-grünen Senat mehr Parkmöglichkeiten für Lastenräder! Verkehrte Welt oder moderne Großstadtpartei? Wir dürfen gespannt sein auf die nächsten Lastenrad-Initiativen der CDU-Hamburg!

Ebenso spannend wird die vom Hamburger Senat angekündigte Prüfung einer Fahrradkleingarage für Lastenräder sowie der ebenfalls angekündigte Hamburger Regelplan für Lastenrad-Stellplätze.

Bleibt zu hoffen, dass die vielen neuen Lastenrad-Parkmöglichkeiten tatsächlich bedarfsgerecht und wo immer möglich als inklusive Angebote für alle Fahrradtypen geschaffen werden. Denn wenig geholfen ist wenn auf expliziten Lastenrad-Stellflächen, mangels Alternative vorwiegend „normale“ Fahrräder parken während Lastenradler:innen sie meiden, weil sie etwa nicht nah genug am Zielort sind. Beispiele dafür gibt es bereits.


Dieser Beitrag entstand mit freundlicher Unterstützung des Projektes CityChangerCargoBike. Das Projekt wurde mit Mitteln aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union unter der Fördervereinbarung Nr. 769086 finanziert.


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