Berlin: Cargobike-Förderung im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag

ich-ersetze-ein-auto-fotomix_berlin_01

Der neue rot-rot-grüne Senat in Berlin hat sich im Koalitionsvertrag verkehrspolitisch einiges vorgenommen. Dazu gehört auch die Förderung von Cargobikes im Wirtschaftsverkehr.

Im Fokus der Presse standen seit November 2016 natürlich die großen verkehrspolitischen Vorhaben, die im Koalitionsvertrag angekündigt sind: Unter den Linden autofrei, Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Rings, Straßenbahnverlängerungen in die westlichen Stadtteile und Übernahme der Forderungen des Volksentscheids Fahrrad.

screenshot-titelseite-koalitionsvertrag-berlin-2016-2021Abgesehen von der Vollendung der absurden Stadtautobahn A100 bis Berlin-Treptow und dem Bekenntnis zur Tangentialverbindung Ost ist der Koalitionsvertrag ein erfreulich ambitioniertes Bekenntnis zur Verkehrswende. Da dürfen Cargobikes natürlich nicht fehlen! So heißt es auf Seite 61 im Unterkapitel „Wirtschaftsverkehr“:

Die Koalition wird ein neues Konzept für den Wirtschaftsverkehr (Citylogistikkonzept) erarbeiten. Innerstädtische Transporte sollen nach Möglichkeit gebündelt und auf umweltfreundliche Verkehrsmittel verlagert werden. Dazu gehört die Entwicklung von »Urban Hubs« und die Belieferung auf der »letzten Meile« mit Lastenfahrrädern […].
Die Koalition fördert die Anschaffung von Elektro-Lastenrädern für Gewerbetreibende, freiberuflich tätige Personen sowie gemeinnützige Einrichtungen.

UPS-Zustellung in der Hamburger Innenstadt, Photo: cargobike.jetzt
Vorbild UPS-Paketzustellung in Hamburg

Damit würde Berlin zu Vorreiterstädten der Cargobike-Förderung wie Hamburg und München aufschließen. In der Hamburger Innenstadt konnte UPS acht von neun klassischen Transportern durch die Kombination von Containerstandorten mit der Feinverteilung per Cargobike und Sackkarre ersetzen. In München gibt es seit April 2016 eine Kaufprämie für gewerbliche eCargobikes. Zum Jahresbeginn 2017 wurde sie auf private eCargobikes ausgeweitet.

Mitglied der Verhandlungsgruppe Verkehr/Mobilität bei den Berliner Koalitionsverhandlungen war u.a. der grüne Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar aus Prenzlauer Berg. Er hatte bereits im Mai 2016 in einer Rede im Abgeordnetenhaus die Förderung von Cargobikes gefordert. Die grüne Abgeordnetenhausfraktion hatte zudem die Cargo Bikes Fans Berlin im Sommer mit dem Umweltpreis „Grüne Brise“ ausgezeichnet. Auf Anfrage von cargobike.jetzt kommentierte Stefan Gelbhaar die Cargobike-Förderung im Koalitionsvertrag so:

BentoBox-Modellversuch in Berlin-Friedenau, Bild: www.bentobox-berlin.de
BentoBox-Modellversuch in Berlin-Friedenau

Ich freue mich, dass unsere Vorschläge zur Förderung von Lastenrädern Bestandteil des Koalitionsvertrags geworden sind. Zu lange ist nach dem Bento-Box-Modellversuch vom Winter 2011/2012 in Berlin nichts getan worden, um das Potential von Lastenrädern für eine nachhaltige und stadtverträgliche Zustellung auf der „letzten Meile“ gezielt auszuschöpfen. Jetzt ist das offizieller Regierungsauftrag und die Koalition muss liefern. Dabei kann auf viele Erfahrungen vieler innovativer Berliner Unternehmen aufgebaut werden, die Lastenräder bereits erfolgreich einsetzen.

Auch der neue Berliner Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner (Grüne) ging bereits im Dezember im Interview mit der Berliner Zeitung auf das Thema Cargobikes ein:

Der Fahrradverkehr ist in den vergangenen Jahren explodiert. Der Wirtschaftsverkehr hat erkannt, dass es vielleicht nicht so schlau ist, jedes Paket auf der letzten Meile mit dem Auto zu fahren, sondern dass Lastenfahrräder sinnvoller sein können. Vieles hat sich schon geändert, auch aus Zeitgründen.

Die Zeichen stehen also gut für die Cargobike-Förderung in Berlin.

Projektstart TINK in Norderstedt, Foto cargobike.jetzt
Nextbike-Angebot in Norderstedt

Auffällig ist allerdings die bisherige Fokussierung auf den Wirtschaftsverkehr. Es muss ja nicht gleich die Kaufprämie für private (e)Cargobikes sein wie in München oder in der Steiermark. Aber ein öffentliches Cargobike-Sharing-Angebot wäre sicherlich ein lohnenswertes Projekt auch für Berlin. Zumal nextbike als Betreiber des neuen Berliner Fahrradverleihsystems erste Erfahrungen auch mit Cargobike-Sharing hat. Und im Sommer 2016 haben die „freien Lastenradler Berlin“ ganz ohne öffentliche Förderung bereits ein Cargobike-Sharing-Angebot gestartet, das erweitert werden könnte.


Teilen?